Deutsch

„Ich habe etwas zu sagen...“


Wir befinden uns in einer Zeit epochaler Veränderungen. Nach der Erfindung des Buchdrucks vor 500 Jahren ändert aktuell das Internet unsere Lesegewohnheiten ähnlich fundamental. Doch eines bleibt gleich: Kommunikation findet nach wie vor zu einem großen Teil über Texte statt. Der Deutsch-Unterricht ist Wegweiser durch den Textdschungel, der alles umfasst: Vom Blogger zum Romanautor, vom Smartphone zum Buch, vom Song zum Barockgedicht. Dabei ist die Sensibilität für eine gute und richtige Kommunikation wichtiger geworden.
Demokratie funktioniert nur, wenn wir nicht nur etwas, sondern das Richtige sagen können. Das Werkzeug unserer Gesellschaft ist die Sprache. Wir müssen lernen zu verstehen, wie was ankommt. Nur durch Sprache lernen wir den Anderen richtig kennen. Wir alle sind
Sprecher, Autoren, Hörer und Leser. Wenn wir uns verstehen sollen, müssen diese Prozesse auch in Zukunft gelingen. Nur richtige Orthografie kann von allen verstanden werden. Nur große Literatur kann uns die Augen für große Dinge öffnen und unser Leben
verändern.
Wir am HMG sind davon überzeugt, dass JEDER etwas zu sagen hat. Diese Seiten zeigen, wie wir dabei helfen können, dass jeder eine Stimme hat, die gehört wird.

Buchrezensionen zu "Corpus Delicti" von Juli Zeh, Kl. 12 (Fr. Koller-Bennett)

 

 

Der Roman "Corpus Delicti" von Juli Zeh erschien 2013 und spielt in einer dystopischen Gesundheitsdikatur.

(Bild: https://assets.thalia.media/img/artikel/22a5cfc4008befa07643d9cdb489c126c51daa1c-00-00.jpeg)

In dem Roman “Corpus Delicti” von Juli Zeh aus dem Jahr 2015, das im Klett-Verlag erschienen ist, geht es um die beiden Hauptfiguren Mia und Moritz Holl, die in einer dystopischen Gesundheitsdiktatur, geleitet durch die sogenannten „Methode“, leben. Moritz wurde aufgrund methodenwidriger Delikte verhaftet und auch seine Schwester Mia wird deswegen vor Gericht gestellt. Nach dem Tod ihres Bruders hat Mia methodenkritische Gedanken, beginnt zu rebellieren und die Methode zu hinterfragen.

Moritz Holl ist ein junger Mann, der wegen Mordes verurteilt wurde und ins Gefängnis gekommen ist. Er behauptet, dass er unschuldig ist, obwohl seine DNA auf dem Opfer gefunden wurde. Deshalb macht er die Methode dafür verantwortlich, da diese angeblich keine Fehler zulässt und darum alle glauben, er wäre der Mörder. Niemand glaubt ihm, bis auf seine Schwester.

Mia Holl ist die Schwester von Moritz Holl und ist eigentlich für die Methode. Erst nach der Verurteilung und dem Tod ihres Bruders beginnt sie zu zweifeln. Sie kämpft für ihren Bruder und die Aufklärung des Falls, da sie Gerechtigkeit für ihn will, wobei sie selbst in das Visier der Methode gerät.

Die Methode ist die Struktur der Gesundheitsdiktatur in Juli Zehs Roman. Niemand wird mehr krank und die bekannten Krankheiten aus unserer Zeit wurden ausgerottet. Die Gesellschaft hat regelmäßige Arztbesuche zu erledigen, wird dies nicht gemacht, wird man wegen methodenwidrigen Handelns vor Gericht gebracht. Die Menschen sind so abhängig geworden von der Methode, dass sie ohne diese nicht mehr überleben würden. Sie haben keine traditionellen Werte und Formen mehr, wie Religionen und sogar Händeschütteln wird als unhygienisch angesehen. Die Methode ist wie eine höhere Macht, an die man glaubt.

Das Buch erhält von uns drei von fünf Sternen. Der Roman ist in der momentanen Zeit sehr greifbar und wird mit der jetzigen Situation sehr gut verdeutlicht. Allerdings finden wir das Buch an manchen Stellen übertrieben oder zu dramatisch dargestellt und die Zeitsprünge zwischen Zukunft und Gegenwart sind möglicherweise nicht für alle Leser und Leserinnen angenehm zu lesen. Unserer Meinung nach ist das Buch „Corpus Delicti” von Juli Zeh empfehlenswert, wenn man dystopische Bücher gerne liest. Viel Spaß beim Lesen!

Selma Bahlaouane, Leonie Graf (Klasse 12, Deutsch Dreistünder)

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"Ein Mensch, der nicht nach Gesundheit strebt, wird nicht krank, sondern ist es schon." - So schreibt Juli Zeh in ihrem Roman "Corpus Delicti", der 2009 im Schöffling & Co. Verlag erschien. Dies sind die Worte von Heinrich Kramer, einem der Protagonisten, in einem Text, in welchem er die METHODE, eine Gesundheitsdiktatur legitimiert. Die Geschichte spielt in eben dieser METHODE Mitte des 21 Jahrhunderts, wo Gegner des System unterdrückt werden. Im Roman werden die Wandlung Mia Holls von einer vorbildlichen Bürgerin zur METHODENgegnerin und ihr anschließender Prozess beschrieben.

Grund des Wandels ist der Suizid von Mias fälschlich des Mordes angeklagtem Bruders Moritz, welcher in Mia plötzliche Zweifel an der Unfehlbarkeit der METHODE aufkommen lässt. In ihren Erinnerungen beginnt sie nun ihren METHODENkritischen Bruder zu verstehen, welcher zeitlebens die Intentionen und Ideologien der METHODE hinterfragte. Was folgt ist der öffentliche Kampf Mias gegen das System und ihr anschließender Prozess. Im Laufe des Romans erhält der Leser Einblicke in beide Ansichten: auf der einen Seite die Geschwister Holl als METHODENgegner und auf der anderen Heinrich Kramer, welcher die menschgewordene METHODE darstellt.

Hierbei entsteht eine faszinierende Beziehung zwischen Kramer und Mia, die sich trotz ihrer grundverschiedenen Ideologien stark ähneln und dadurch eine Freundschaft von großer Ambiguität entwickeln. Diese Freundschaft von zwei Personen, die theoretisch Todfeinde sein müssten, erzeugt durch das Buch hindurch eine Spannung, die sich zum Ende immer weiter zuspitzt und so den Leser fesselt.

Der Handlungsverlauf ist sehr authentisch und realistisch, was dazu führt, dass auch innenpolitische Konflikte aus Vergangenheit und Gegenwart darauf projiziert werden können. Auch die liebevolle Beziehung zwischen den Geschwistern Holl wird zur Projektionsfläche für den Leser. Sowohl die Handlungen der METHODE als diktatorisches, aber menschenfreundliches System als auch die Gedanken der Systemgegner sind nachvollziehbar und vollkommen legitim. Dies ermöglicht es dem Leser, sich mit den Charakteren zu identifizieren.

Durch mehrere unerwartete Wendungen bleibt die Handlung bis zum Schluss spannend und unvorhersehbar.

Ein bemängelnswerter Aspekt ist allerdings das Sprachniveau des Buches, welches zwar dem Handlungsrahmen und Wissensstand der Protagonisten entspricht, allerdings auch zu Verständnisproblemen beim normalgebildeten Leser führen kann. Aus irgendeinem Grund sind weniger schwer verständliche Worte in der von uns benutzten Ausgabe in Fußnoten ausführlich erklärt, obwohl sie aus dem Kontext erschlossen werden können. Andere, tatsächlich schwer verständliche Worte sind dagegen nicht erklärt. Deshalb können bei manchen Sätzen die Kernaussagen nicht ohne Nachschlagen erfasst werden, was den Lesefluss stört.

Für den anspruchsvollen Leser ist das Buch absolut empfehlenswert. Um ein angenehmes Leseerlebnis zu haben, sollte allerdings ein gewisses Sprachniveau und Interesse an politischen Themen vorhanden sein.

Sterne: **** (von 5)

 

Lea Banhardt, Lisa Weiß, Sarah Weiß (Klasse 12, Deutsch Dreistünder)